Werbung sorgt auch für Qualität

15.01.2013

„Product Placement“ im Fernsehen ist umstritten. Doch geht es überhaupt ohne? Die Lübecker Nachrichten sprachen mit dem Medienethiker Dr. Christian Schicha (48), Professor an der Mediadesign Hochschule Düsseldorf.


Prof. Christian Schicha - Studienleiter und Dozent für Medien- und Kommunikationsmanagement an der MD.H Düsseldorf.

Lübecker Nachrichten: Was ist erlaubt beim Product Placement?

Prof. Dr. Christian Schicha: Es gibt klare Richtlinien. Werbung ist im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bis 20 Uhr gestattet, danach nicht mehr. Dafür sehen wir aber dann vielleicht bei „Wetten, dass...?“ den Thomas Gottschalk vor einer offenen Tüte Gummibärchen sitzen, nur ist nirgendwo ist ein Schild: ,Kauft Gummibärchen!“ Schleichwerbe-Skandale gibt es immer wieder. Zum Beispiel 2005 in der Sendung „Marienhof“. Das Sparkassenlogo wurde da eingeblendet oder im Reisebüro der Slogan eines großen Last-Minute-Anbieters. Eine bekannte deutsche Krankenkasse war auch gut erkennbar. Das war sehr gehäuft. Die Frage muss sein: Passt so etwas in den Gesamtzusammenhang, ohne dass es plump und aufdringlich wirkt?

LN: Wo ist die Grenze?

Prof. Schicha: Wo die Handlung es mit sich bringt und es sonst unrealistisch wäre, ist gegen die Erkennbarkeit eines Produkts meines Erachtens nichts einzuwenden. Aber es bleibt eine Grauzone. Manchmal kann man zweifeln. Nehmen Sie die Sache mit der „Lindenstraße“, wo das Nutellaglas auf dem Frühstückstisch erkennbar war. Die haben das dann geändert.

LN: Gilt das Werbeverbot nur für öffentlich-rechtliche Sender?

Prof. Schicha: Nein, aber die Privaten werben noch aggressiver. Da werden in Talkshows ständig neue Bücher oder CD’s promoted. Aber auch in der NDR-Talkshow gibt es so etwas. In den USA ist es noch schlimmer, da werden Buch–Neuerscheinungen in Serien wie „Sex in the City“ eingebaut.

LN: Müsste so etwas hier korrekterweise rausgeschnitten werden?

Prof. Schicha: Das wäre übertrieben. Wir stoßen da auch an den geschützten Bereich der Kunstfreiheit. Ganz ohne Werbung, das wäre unrealistisch. Dann dürfte das Erste oder das Zweite keinen James Bond mehr zeigen. Da wird ständig geworben, für Autos, Uhrenmarken und Luxusartikel.

LN: Ein Riesengeschäft.

Prof. Schicha: Natürlich, aber das Geld sorgt ja auch für Qualität. Es wird gebraucht, zum Beispiel um hochkarätige Stars einladen zu können, die haben schließlich ihren Preis.

LN: Wie beurteilen Sie den Fall Gottschalk?

Prof. Schicha: Ich bin dafür, im Abspann oder an anderer geeigneter Stelle offen darauf hinzuweisen, wenn mit der Einblendung eines Produkts Geld verdient wurde. Etwa: „Wir danken dem Volkswagen-Konzern für...“ Damit wird vermieden, dass die Zuschauer manipuliert werden, ohne das es ihnen überhaupt bewusst wird. Auch bei Gottschalk.

Das Interview in den Lübecker Nachrichten
20130115-ln-hp-bsx-03-03.pdf